Uber-Konkurrent Bolt bietet in immer mehr europäischen Städten taxiähnlichen Verkehr an. Demnächst kommen Köln und Düsseldorf dazu. Das Geschäftsmodell ist so wenig seriös wie das von Uber.
Der estnische Fahrdienstanbieter Bolt hat angekündigt, in den nächsten Wochen in Köln und Düsseldorf zu „starten“. In Düsseldorf sind bereits seit Längerem E-Fahrräder und E-Tretroller von Bolt zu leihen, so dass mit der Ankündigung offensichtlich das Angebot taxiähnlichen Verkehrs in Mietwagen gemeint ist. Köln taucht bis jetzt nicht in Bolts Online-Auftritt auf.
Um zum „Start“ Zugriff auf eine hinreichende Fahrzeugflotte zu haben, wirbt Bolt aktiv nach Mietwagenunternehmern als Partner, ohne das Wort explizit zu verwenden: „Hast du eine Flotte in einer der Städte und willst auch mitmachen? Dann registriere dich jetzt, damit du den größtmöglichen Bonus bei unserem Start kassieren kannst!“ Es folgen weitere Sätze, die ohne konkrete Angaben an die Geldgier der Unternehmer appellieren.
Die Wahrheit sieht jedoch anders aus: Dass individuelle Personenbeförderung ist kaum unterhalb der Taxitarife wirtschaftlich ist, ohne geltendes Recht zu ignorieren, ist durch Studien belegt.
Wie das Geschäftsmodell von Plattformanbietern wie Uber und Bolt funktioniert, ist hinlänglich bekannt: Nur mit Sponsorengeldern können die Konzerne arbeiten und die Manager reich werden, wobei die Konzerne eigentlich keine produktive Arbeit leisten, sondern lediglich Aufträge verschieben und andere die Arbeit erledigen lassen. Wie Uber und Free Now wirbt auch Bolt Kunden vom Taxigewerbe ab, indem man zum Teil Preise unterhalb des Taxitarifs anbietet. Die Partnerbetriebe, also die Mietwagenunternehmen, die die eigentliche Arbeit verrichten, nämlich die Personenbeförderung, können nur Gewinne erwirtschaften, wenn die (unterbezahlten) Fahrer permanent gegen geltendes Recht verstoßen, etwa gegen die Rückkehrpflicht für Mietwagen, gegen die Straßenverkehrsordnung sowie gegen verschiedene arbeits- und steuerrechtliche Vorschriften.
Je höher bei den Unternehmern die Bereitschaft zum Regelverstoß und zur Ausbeutung der Fahrer, umso größer allerdings auch die Gewinnmarge. Etliche einstige Habenichtse (über-)leben heute als Uber-Partner. Die Fahrer müssen unter Missachtung von Lenkzeitregeln zum Teil bis zur Erschöpfung fahren, beim Arbeitsamt aufstocken und einen Teil ihrer Tätigkeit oder auch Nebentätigkeiten als Schwarzarbeit verrichten, um ihr Auskommen zu erzielen.
Uber und Bolt sind somit Konzerne, die unter Missachtung zahlreicher Rechtsvorschriften einen gigantischen volkswirtschaftlichen Schaden – einschließlich den geschäftsschädigenden Auswirkungen auf das Taxigewerbe – anrichten. Sie ziehen Geld aus nationalen Märkten, ohne dort Steuern zu bezahlen, denn die Firmensitze befinden sich meist in Steueroasen. Profiteure sind nur die Konzernmanager und – trotz hoher Vermittlungsprovisionen – die Mietwagenunternehmer, zumindest die mit einem Mindestmaß an Bereitschaft zur Kriminalität. Die Konzerne betonen dabei stets, nur mit ehrlich arbeitenden Partnern zu kooperieren. Anscheinend wird dabei aber nicht allzu genau hingesehen, ob die Unternehmen wirklich so ehrlich arbeiten.
Wer also mit dem Angebot von Bolt liebäugelt, muss sich bewusst sein, dass er vor der Wahl steht: ehrlich und unrentabel oder kriminell und lukrativ.
Letztere Variante scheint für viele Unternehmer kein Problem zu sein, denn in ziemlich jeder Stadt finden sich solche, die mitmachen – auch Taxiunternehmer, die nur das schnelle Geld sehen und gewissenlos am Ast sägen, auf dem sie und viele ehrliche und alteingesessene Firmen sitzen.
Bolt, 2013 in Tallinn gegründet, listet auf seiner Internetseite eine beachtliche Zahl europäischer, afrikanischer, asiatischer und südamerikanischer Städte auf, in denen Dienste angeboten werden. Das betrifft überwiegend den Verleih von E-Scootern (Tretroller mit Elektromotor) und häufig auch Essenslieferungen und Personenbeförderung im Mietwagen. Gerade mit Letzerem möchte Bolt unter anderem „in jede deutsche Stadt“ expandieren.
Die scheinbar unendlichen Finanzen der Konzerne werden mit Hilfe professioneller Agenturen auch effizient für Werbung eingesetzt. Es gibt heute scheinbar nur noch wenige Kanäle, auf denen Reklame von Uber oder Free Now nicht allgegenwärtig ist.
Auch das Sponsoring etwa von erfolgreichen Sportmannschaften haben Uber und Bolt als werbewirksame Bühnen entdeckt. So kooperiert Uber in Deutschland mit einer erfolgreichen Basketball-Mannschaft. Bolt hat eine entsprechende Sponsoring-Möglichkeit beim Eishockey entdeckt: Als „nachhaltiger Mobilitätspartner“ wird der „europaweit führende Anbieter für E-Scooter und nachhaltige Mobilitätslösungen“ auf der Internetseite der DEG Eishockey GmbH aus Düsseldorf beworben. Hier darf Bolt die gleichen Märchen erzählen, mit denen Uber schon immer wirbt: Man sorge für weniger Stau, weniger Umweltverschmutzung, Nachhaltigkeit – alles durch Studien als Wunschdenken entlarvt. Das Gegenteil ist der Fall. Aber man kann ja einfach weiterlügen. Wenn ein Großteil der Öffentlichkeit davon nichts weiß oder wissen will, finden sich immer noch genug Konsumenten, die dafür gerne bezahlen – und in Köln und Düsseldorf demnächst wahrscheinlich auch genügend halbkriminelle Partner-Unternehmen. ar
Beitragsfoto: Axel Rühle
An alle gekauften Politiker (sind ja global alle), ihr werdet mit eurem Geld nicht glücklich. Werdet ihr sehen. Ist ja nicht nur bei Personenbeförderung so. Schaut euch um in der ganzen Welt.